Schon seit fünf Jahren wilderte ich jedes Jahr einige Jungfasane zusammen mit ihren Buschhuhnglucken aus. Da die Jungfasane schon im Alter von 5 – 6 Wochen ins Revier kommen, sind sie im Herbst nicht mehr von wilden Jungfasanen zu unterscheiden. Durch die hervorragenden Führungseigenschaften der Buschhuhnglucken gibt es bei dieser Form der Auswilderung nur geringe Verluste unter den Jungfasanen. Im Jahr 2009 wilderte ich zum Beispiel Anfang Juli 15 Junghähne und 17 Junghennen aus. Die Jungfasane vergesellschafteten sich zusammen mit den Glucken zu einer Schar. Während die Junghähne bald getrennte Wege gingen und sich in der Folge sporadisch zu den Junghennen gesellten, blieben diese zusammen. Ende Oktober konnte ich auf einen Weg dann 14 Junghennen bestätigen, das ist eine Überlebensrate, welche vermutlich nicht zu steigern ist. Selbstverständlich wird in unserem Revier eine intensive Raubwildbejagung durchgeführt, das heißt aber nicht, dass keine Füchse vorhanden sind.
Ende Juni 2011 wurde dann 1 Buschhuhnglucke mit 8 Jungfasanen freigelassen und eine Woche später eine weitere Glucke mit ebenfalls 8 Jungfasanen.
Die Glucken bleiben immer mit den Jungfasanen in einem Feldgehölz, bzw. den Hecken. Man sieht sie nie auf Freiflächen oder gemähten Wiesen, etc.
Alle Versuche, die Buschhennen mit den Jungfasanen im Revier zu fotografieren, sind gescheitert.
Im Herbst lassen sich die Glucken relativ leicht mit der Kastenfalle wieder fangen. Da sie praktisch nicht gefüttert werden, nehmen sie dann den Weizen in der Falle recht schnell an.
Irgendwann im Sommer verschwanden dann die beiden Glucken und ich hatte den Fuchs in Verdacht.
Im September hörte man dann plötzlich wieder jeden Tag das aufgeregte Gegackere einer Glucke in der Heckenlandschaft. Diese Hecke wurde auch täglich von einem Elsternschwarm heimgesucht, der mich um diese Zeit auch nicht störte. Für Gelege und Jungwild sind sie im Herbst keine Gefahr mehr.
Eines Tages wollte sich die Glucke einfach nicht beruhigen und ich wollte mal mit der Flinte nach dem Rechten schauen. Ich pirschte in Richtung der lauten und aufgeregt gackernden Glucke und dachte an einen Habicht, eine Katze oder Fuchs. Doch auf den Stoppeln suchten einige Jungfasane nach Nahrung, links und rechts der Hecke saß jeweils ein Hase. Bei Fuchs oder Habicht wäre die Bühne mit Sicherheit leer gewesen.
Bei den Elstern auf der Hecke saß ein weiterer Jungfasan. Ich pirschte zu der Henne. Als ich an die Stelle kam, verstummte die Glucke. Ich umschlug die Hecke und pirschte auf der anderen Seite zurück. Wieder in Höhe der Glucke vernahm ich ein Rascheln in der Hecke, bog die Zweige auseinander und glaubte meinen Augen nicht zu trauen:
Da lief die Buschhuhnglucke, gefolgt von einem Küken, Schwingen befiedert, ca. 2-3 Wochen alt. Jetzt wusste ich auch warum die Elstern hier jeden Tag lauerten und das Verhalten der Henne war geklärt.
Wie kann eine Buschhenne mitten im Revier ein Küken ausbrüten, obwohl sie den letzten Hahn kurz vor ihrer Fasanenammenbrut gesehen hat? Einen freilebenden Buschhahn gibt es nicht, auch im Dorf hätte die Henne keine Möglichkeit gehabt, sich mit einem Hahn zu paaren.
So blieb der Verdacht, welcher sich später bestätigte.
Das Küken musste her und zwar sofort. Gleich stellte ich eine Kastenfalle, alle drei Stunden wurden kontrolliert. Um 19 Uhr war die Glucke dann schließlich in der Drahtkastenfalle, das Küken lief aufgeregt außen herum.
Ich begann das Küken mit dem Kescher zu fangen. Der erste Versuch misslang und das Küken strich wie ein junger Fasan blitzschnell ins angrenzende Getreidefeld ab, lief aber sofort wieder zurück in die Hecke.
Mit einem Stück Holz hob ich die Klappe der Kastenfalle an, damit das Küken vielleicht einschlüpfen kann, erfolglos!
Schließlich ein neuer Versuch mit dem Kescher, geschafft das Küken zappelte im Netz. Bei dem Gerangel stürzte aber die Falle um und die Henne konnte entkommen. Kaum draußen ging sie sofort zum Angriff über. Das Fangen mit dem Kescher war eine Kleinigkeit.
Es stellte sich heraus, dass die Henne einige Angriffe abgewehrt hatte, der halbe Stoß war ausgerissen und in der Brustmuskulatur hatte sie eine tiefe Wunde, die aber schon fast verheilt war.
Schon der erste Eindruck des Kükens bestätigte meine Vermutung: Es handelt sich um eine Kreuzung aus Jagdfasanhahn und Buschhenne und das in freier Wildbahn über Naturbrut.
Das Küken war anfangs sehr scheu, wuchs aber schneller als Hühner- oder Fasanenküken.
Ich ließ den Mischling bei den Fasanen mitlaufen. Dort stellte er sich als grober Raufer heraus, gerade die Fasanhennen wurden arg traktiert. So setzte ich ihn schließlich zu den Buschhühnern um. Dort ist er der Letzte in der Rangordnung.
Leider ist es ein Hahn geworden, sodass die Hoffnung auf eine neue Superglucke zerschlagen wurde.
Da diese F1-Generation nicht fortpflanzungsfähig ist, braucht sich niemand über eine Faunenverfälschung Gedanken machen.
Die erfolgreiche Glucke wird natürlich in diesem Jahr nicht wieder ausgewildert. Vielmehr soll sie ihre Gene bei der Buschhuhnzucht weitertragen.
Mit freundlicher Genehmigung des Autors Klaus Schmidt