Ausser Elvira, die sich praktisch selbst in die Buschhuhnzucht einbrachte,
habe ich gezielt nur 2 Einkreuzungen mit Haushühnern unternommen. Einmal kreuzte ich eine Sumatra-Henne etwa 1971 in meine Buschhühner ein. Ein Jahr später folgte noch eine silberhalsige Zwerg-Italiener-Henne.
Diese Henne ist die Mutter vom „Geisterhahn“, dessen Geschichte ich
nachfolgend erzähle:
Dahlhausen-Wupper ist ein kleines Industriedorf, daß sich im engen Tal der Wupper entlang des Flusses befindet. Bis in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden die Wupperortschaften durch die Textilindustrie und Firmen wie Wülfing, Hardt-Pocorny und Schürmann & Schröder geprägt. Praktisch alle Familien lebten direkt oder indirekt von der Textilindustrie. Die Firmeninhaber besaßen schöne Villen einschl. toller Parkanlagen. In Dahlhausen grenzt der Park ans schräg abfallende Wupperufer, ist aber mit riesigen Rododendren eingefaßt. Das Wupperufer selbst ist dicht mit diversen dornigen Gehölzen und wildem Hopfen bewachsen. In dem Park befindet sich ein schöner offener Pavillon.

Damals züchtete ich schon Buschhühner und besuchte so oft ich konnte, im Nachbarort einen alten Geflügelzüchter, um mit den Ohren „zu stehlen“ und vieles zu lernen. Dieser Züchter hatte u.a. auch silberne Zwerg-Italiener. Da diese Hühner auch „wie die Teufel“ flogen, erwarb ich eine Italiener-Henne. Aus der Verpaarung mit Buschühnern ergaben sich sehr schöne Buschhühner – allerdings alle in Silber.
Diese „Fehlfarben“ wollte ich im Herbst einfangen. Einige Tiere wurden in der Nacht aus den Bäumen gepflückt, weitere mit Kescher und Netzen gefangen. In diesem ganzen Durcheinander flogen ein silberner Buschhahn und 2 Buschhennen sowie einige Wildputen über die Wupper in den Park einer Dahlhauser Industriellenfamilie.

Zuerst war man dort von den Neuankömmlingen begeistert. Es war schon ein tolles Bild, wenn kurz nach Sonnenaufgang die Puten und der Buschhahn, seine Hennen führend, auf der Rasenfläche mit Wildkaninchen und grünfüßigen Teichhühnern der Nahrungsaufnahme nachgingen.

Angeblich werden im Tal der Wupper die Menschen mit Regenschirmen oder Schwimmhäuten geboren, so sagt man im Bergischen. Das neue Parkgeflügel merkte bald, daß der Pavillon super vor dem Bergischen Regen schützt. Beim Warten auf besseres Wetter, hinterließ das Federvieh so manche Hinterlassenschaft im Pavillon. Besonders die Verdauungsprodukte der Wildputen waren nicht von schlechten Eltern.

Die Begeisterung für die neuen Parkbewohner schwand also sehr schnell dahin. Die Puten wurden in der Nacht „vom Ast geschüttelt“ und schnell eingefangen. Auch die Buschhennen gelangten Dank einer
selbstgebauten Lebendfalle schnell in unserem Besitz. Die Falle besteht aus vier Brettern mit einem Lattendeckel. Die Scharniere des Deckel sind aus Leder. Der Kasten wurde im Park aufgestellt. Im geöffneten Kasten wird angefüttert. Ist die Futterstelle angenommen, wird die Falle mit Hilfe dreier Ästchen fängisch gestellt. Die Falle muß täglich mehrmals kontolliert werden. Rabenvögel, die sich u.U. auch darin fangen, werden dann umgehend freigelassen. Auch der „Silberhahn“ ging in diese Falle, entwischte aber beim Herausnehmen. Dieses Mißgeschick wiederholte sich noch zweimal. Danach machte der Hahn einen Riesenbogen um den Holzkasten. Er mied von nun an nicht nur die Falle sondern wurde bei den vielen Fangversuchen auch immer scheuer. Er wurde bald nicht mehr gesehen, nur sein morgendliches Krähen verriet seine Anwesenheit. So erhielt dieser unsichtbare Hahn seinen Namen „Geisterhahn“.

Störte bisher nur der Geflügelkot im Pavillon, wurde jetzt von den Villenbewohnern auch das Krähen als störend empfunden. 2 Jahre entzog sich der Hahn allen menschlichen Nachstellungen. Dann endete das Geisterleben ruhmlos und trivial. Nach dem Motto „ewig lockt das Weib“ wurde ein handzahmes Zwerghühnchen in den Park gesetzt.
Der Geisterhahn hatte wohl von seiner Abstinenz den Schnabel voll und folgte abends dem Hühnchen in einen Schuppen und war gefangen.
Sein Geisterleben war beendet, er lebte dann noch gut 8 Jahre auf einem Biohof bei Wuppertal-Beyenburg als Hofhahn.

Sicherlich erzählte er dann noch oft seinen Küken die Geschichte vom Geisterhahn: „Vor langer, langer Zeit………..

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